Was sind Ökobilanz-Datenbanken?

Ökobilanzinstrumente können nur eingesetzt werden, wenn Datenbanken mit den notwendigen Daten zur Verfügung stehen. Es existieren verschiedene Datenbanken - ihr Aufbau ist in der Regel ähnlich.

Diese Datenbanken enthalten Grund- und Prozessdaten, z. B.

  • zur Bereitstellung von Energieträgern (Brennstoffdaten und Prozessketten),
  • Technologien zur Bereitstellung von Wärme und Strom, z. B. Kraftwerke
  • Herstellungsprozesse verschiedener Stoffe (Baumaterialien, Chemikalien, Lebensmittel, Textilien, nachwachsende Rohstoffe etc.)
  • und auch verschiedene Dienstleistungen (z. B. Transporte mit verschiedenen Verkehrsträgern).

In diesen Datensätzen sind die Input-Stoffströme (z. B. Rohstoffbedarf) und Output-Stoffströme (z. B. Emissionen, Abfälle) enthalten. Werden diese Daten in einer Ökobilanz eingesetzt, in der der gesamte Lebenszyklus modelliert und mit den entsprechenden Daten­sätzen hinterlegt wird, kann auf Basis der Input- und Output-Stoffströme eine detaillierte ökologische Analyse erfolgen.

Es liegt auf der Hand, dass die Daten solcher umfassenden Datenbanken nach aktuellen wissenschaftlichen Standards und nach höchsten Qualitätsansprü­chen erstellt werden müssen, damit die darauf basierenden Analysen entspre­chend aussagekräftig sein können. Dennoch ist es keineswegs ungewöhnlich, dass Ergebnisse dieser Datenbanken erheblich voneinander abweichen.

Woher kommen die Unterschiede zwischen Datenbanken?

Viele dieser Daten werden durch (Teil-)Ökobilanzen bzw. daran angelehnte Methoden erstellt. Die Qualität dieser Ergebnisse wird beeinflusst von

  • den zur Verfügung stehenden Primärdaten,
  • den Modellierungs­entscheidungen
  • und dem zur Verfügung stehenden Budget.

In den größeren Datenbanken wird die Datenerstellung in der Regel umfangreich und nachvollziehbar dokumentiert. So ist es Anwender:innen möglich, den Grund für unterschiedliche Ergebnisse herauszufinden und diese entsprechend in den eigenen Analysen zu berücksichtigen und Berechnungen zu adaptieren.

Es muss Anwender:innen von Datenbanken aber bewusst sein, dass auch die besten Datenbanken keine Datensätze enthalten, die über jeden Zweifel erhaben sind oder gar eine ökologische Wahrheit abbilden. Die Qualität der Datensätze kann immer nur so gut sein wie die zugrunde liegenden erhobenen Daten. Auch bei den besten Absichten der Lieferanten von Primärdaten (z. B. den Unternehmen oder Anlagenbauern) und den die Datensätze erstellenden Wissenschaftler:innen, müssen in den meisten Fällen Kompromisse eingegangen werden. Manche Informationen sind schlicht nicht vorhanden und / oder müssen z. B. abgeschätzt oder gemittelt werden. Oft müssen Datenlücken auch durch Literaturdaten geschlossen werden.

Diese Tatsache führt bei der Erstellung von ökologischen Analysen von Produkten oder Dienstleistungen zu zwei wesentlichen Schlussfolgerungen:

  1. Es können nicht einfach die Datensätze der gewünschten Materialien in der Reihenfolge der Prozessbearbeitung aneinandergehängt werden, um die Umweltauswirkung eines bestimmten Produktes bestmöglich zu ermitteln. Datenbanken können für Nutzer:innen immer nur ein Hilfsmittel darstellen. Die Anpassung bzw. Interpretation der Datensätze im Modell im Rahmen der für die Umweltanalyse gewählten Methode bleibt den Nutzer:innen überlassen. In der Dokumentation sind die Qualität des jeweiligen Datensatzes und die Prämissen der Erstellung meist gut dokumentiert, so dass diese Informationen zu Rate gezogen werden können.
  2. Es ist sinnvoll, die Analyse eines Produktes soweit möglich mit Datensätzen durchzuführen, die unter ähnlichen Bedingungen erhoben worden (Prinzip der Konsistenz). Gleichzeitig muss im Hinblick auf die Konsistenz natürlich darauf geachtet werden, dass bei der Datenauswahl auch innerhalb derselben Datenbank die richtigen Bezüge gewählt werden (z. B. zeitlich oder geographisch). Es ist wenig zielführend, die Herstellung von 1 kg LDPE mit globalen Durchschnittsdaten aus dem Jahr 2012 mit einem 1 kg LDPE-Datensatz deutscher Produktion aus dem Jahr 2022 zu vergleichen. Diese Informationen sind meist in den Metadaten der Datenbankdaten enthalten.

Die meisten der hier vorgestellten Datenbanken bieten Sachbilanzdaten zu Prozessen oder Materialien und ermöglichen so die Analyse beliebiger aus diesen Prozessen oder Materialien erstellbaren Produkte sowie die Möglichkeit der individuellen Auswertung dieser Daten. In Europa erstellte Ökobilanzen basieren häufig mehr oder weniger auf einer dieser genannten Datenbanken.

Es gibt jedoch auch unzählige Datenbanken, die aggregierte Umweltdaten bestimmter Produktgruppen themenorientiert bereitstellen (z. B. für Bauprodukte oder Kunststoffe).

Beispiele für sektorübergreifende Datenbanken

ecoinvent

ecoinvent ist ein gemeinnütziger Anbieter mit Sitz in Zürich, Schweiz. Die ecoinvent Datenbank ist eine Sachbilanzdatenbank, die verschiedene Arten von Nachhaltigkeitsbewertungen unterstützt. Die Datenbank enthält mehr als 18'000 Datensätze, die eine Reihe von Sektoren abdecken. Jeder Tätigkeit in der ecoinvent-Datenbank ist ein geografischer Standort zugeordnet. Für jeden Datensatz in der ecoinvent-Datenbank sind Ökobilanz-Scores für verschiedene Folgenabschätzungsmethoden und entsprechende Wirkungskategorien wie beispielsweise „Klimawandel“, „Humatoxizität“ oder „Wasserverbrauch“) verfügbar. Die Datenbank ist kostenpflichtig.

GaBi

Die Sachbilanzdatenbank enthält fast 17.000 Prozesse und Planmodelle, die zum großen Teil auf der Erfassung von Primärdaten basieren. Jährlich werden alle Inhalte der GaBi-Datenbanken aktualisiert. Die Datenbanken umfassen die meisten Branchen, z. B. Kunststoffe, Metalle & Bergbau und den Dienstleistungssektor. GaBi steht für Ganzheitliche Bilanzierung und wird von sphera angeboten, die die Firma thinkstep im Jahr 2019 übernommen haben. Die GaBi®-Datenbanken sind kostenpflichtig.

ProBas

Das Umweltbundesamt und das Internationale Institut für Nachhaltigkeitsanalysen und -strategien (IINAS) bieten mit dem IT-gestützten Vorhaben "Prozessorientierte Basisdaten für Umweltmanagement-Instrumente (ProBas)" der interessierten Öffentlichkeit Zugang zu Lebenszyklusdaten. Zahlreiche öffentlich verfügbare Datenquellen sind in der  ProBas-Datenbank integriert, um ein möglichst breites Spektrum an Lebenszyklusdaten zur Verfügung zu stellen. Über umfangreiche Such- und Filterfunktionen können die über 8.000 Datensätze durchsucht werden.

Der Zugang zum Webportal ist ohne Einschränkungen möglich und kostenfrei.

European Platform on Life Cycle Assessment (EPLCA)

The EPLCA implements the International Life Cycle Data system (ILCD), an initiative developed since 2005 aiming to provide guidance and standards for a consistent and quality application of the Life Cycle Assessment. The ILCD includes a set of documents (named ILCD Handbook) which granted methodological developments concerning, in particular, the Life cycle inventory (LCI) and Life Cycle Impact Assessment (LCIA) phases. Since 2014 the EPLCA includes the Life Cycle Data Network (LCDN), a tool capable to host ILCD formatted data from different data providers, compliant with ILCD or other schemes.

Beispiele für thematische Datenbanken

Für manche Produktgruppen werden zum internen Branchenvergleich Umweltproduktdeklarationen (Environmental Product Declaration – EPD) erstellt. Dies ist auf europäischer Ebene für Bauprodukte sowie für Kunststoffe der Fall. Für Kunststoffe gibt es außerdem die Ökoprofile bzw. Ecoprofiles, die weitergehende Informationen zur Verfügung stellen.

Datenbanken für Bauprodukte

Umweltproduktdeklarationen (EPDs) stellen quantifizierte umweltbezogene Informationen aus dem Lebensweg eines Produktes zur Verfügung stellt, wodurch Vergleiche zwischen den Produkten möglich werden sollen. Die Informationen beruhen auf von unabhängigen Dritten (Reviewer:innen) geprüften Daten und basieren in der Regel auf Ökobilanzen, seltener auf reinen Sachbilanzen oder anderen normgerechten Informationsmodulen. EPDs selbst basieren auf den Normen ISO 14025 und EN 15804.

Die EPDs bilden die Ergebnisse einzelner Produkte in ausgewählten Umwelt­wirkungsbereichen ab, in der Regel Klimawandel, Versauerung, Eutrophierung, Ozonbildungspotential usw. Außerdem werden Inputkennzahlen wie der Kumulierte Energieverbrauch (KEA) dargestellt sowie das Abfallaufkommen. Zusätzlich wird in der Regel auf knapp zwei Seiten auf den Herstellungsprozess sowie auf weitere relevante Umwelt- und Gesundheitsaspekte eingegangen.

IBU.data

Auf IBU.data stellt das Institut Bauen und Umwelt e.V. (IBU) die ökobilanzbasierten Daten aus den Umwelt-Produktdeklarationen (EPDs- Environmental Product Declarations) von Bauprodukten in digitaler Form als XML-Dateien auf Basis des ILCD-Formates zum Download bereit.

Für den XML-Download ist eine Registrierung erforderlich. Die Nutzung von IBU.data ist kostenfrei.

ÖKOBAUDAT

Mit der Plattform ÖKOBAUDAT stellt das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen allen Akteuren eine vereinheitlichte Datenbasis für die Ökobilanzierung von Bauwerken zur Verfügung. Im Zentrum der Plattform steht die Online-Datenbank mit ca. 1400 Ökobilanz-Datensätzen zu Baumaterialien, Bau-, Transport-, Energie- und Entsorgungsprozessen. Für die Erstellung von Produkt-Ökobilanzen ist die ÖKOBAUDAT jedoch nicht vorgesehen.

Die in der ÖKOBAUDAT veröffentlichten Daten sind kostenfrei zugänglich.

Datenbanken für Kunststoffe

EPDs und Ecoprofiles

Environmental Product Declarations für Kunststoffe sowie deren Vor- und Zwischenprodukte werden von PlasticsEurope angeboten. Sie sind Bestandteil der Ecoprofiles und werden daher gemeinsam unter demselben Link wie die Ecoprofiles der jeweiligen Produkte zur Verfügung gestellt. Auf dem Flowchart der Webseite können die Produkte und Zwischenprodukte angeklickt werden. Hinterlegt sind die jeweils zur Verfügung stehenden Informationen.

Ecoprofiles sind dem Prinzip der EPDs sehr ähnlich, sie sind jedoch umfang­reicher und beinhalten außer den Umweltinformationen vor allem die LCI-Datensätze (Sachbilanzdaten).