Was hat Produktdesign mit Biodiversität zu tun?
Mit Ausnahme der Zufuhr von Energie durch die Sonne stellt das Ökosystem Erde ein nahezu geschlossenes System dar. Alle Vorgänge innerhalb der Bio- und Geosphäre stehen miteinander in einem ständigen Austausch und finden i.d.R. in Form von Kreislaufprozessen statt, wie der Wasserkreislauf, der Kohlenstoffkreislauf, der Stickstoffkreislauf, der Schwefelkreislauf und der Phosphorkreislauf. Sie stehen in einem natürlichen Gleichgewicht. Diese Stoffkreisläufe sind die Basis für Leben auf der Erde.
Durch menschliche Aktivitäten wird dieses natürliche Gleichgewicht zunehmend gestört, ganze geochemische Stoffkreisläufe werden verändert. Auch wenn Störungen von Ökosystemen zunächst abgepuffert werden können, führen sie bei anhaltender Störung zu langfristigen Veränderungen ganzer Lebensräume und beeinflussen die biologische Vielfalt auf unserem Planeten massiv. Seit der Industrialisierung haben diese Störungen gravierend zugenommen, sodass sie vermehrt ein Problem für Lebensgemeinschaften darstellen.
Die Diskussion, wie die Auswirkungen von Produkten und Dienstleistungen bzw. insbesondere deren Herstellungsprozesse auf die Biodiversität vergleichend quantifiziert werden können, steht noch am Anfang. In den Wirkungskategorien der Ökobilanz wird u.a. die Auswirkungen der Ressourcennutzung auf die Biodiversität berücksichtigt.
Definition und Biodiversitätsverlust
Die Konvention über die Biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD) definiert Biodiversität oder biologische Vielfalt –als Vielfalt der Ökosysteme, Vielfalt der Arten und genetische Vielfalt innerhalb der Arten.
Biologische Vielfalt ist also nicht ausschließlich Artenvielfalt –sondern auch die Vielfalt von Naturräumen und die Vielfalt des Genpools. Gleichwohl ist die Artenvielfalt natürlich ein wichtiger Aspekt in der Beurteilung des Zustands biologischer Vielfalt.
Wissenschaftlich ist heute belegt, dass der Verlust an Arten und Lebensräumen immer weiter fortschreitet und dass dies anthropogen bedingt ist. Die Geschwindigkeit des Artenverlusts hat sich gegenüber vergangenen Zeiträumen vervielfacht und es ist zu erwarten, dass sie noch weiter zunehmen wird.
Wesentliche Treiber für diese Entwicklung sind:
- Landnutzungsänderungen
- der Klimawandel
- Einträge von Nährstoffen und Schadstoffen
- Invasive Arten:
Invasive Arten sind Spezies, die sich einen Lebensraum erschlossen haben, in dem sie ursprünglich nicht heimisch waren. Die natürliche Ausbreitung von Arten in andere Lebensräume findet sehr langsam statt, so dass sich Ökosysteme in der Regel entsprechend anpassen können. Durch menschliche Aktivitäten eingeschleppte Arten können jedoch heimische Arten verdrängen. - die Übernutzung von Ökosystemen, also die übermäßige Entnahme oder Nutzung natürlichen Ressourcen, bspw. die Überfischung der Meere.
Politischer Rahmen
Der Verlust von Lebensräumen und Arten ist zu einem der zentralen Themen umweltpolitischen Handelns geworden. Grund hierfür ist unter anderem die Einsicht, dass intakte Naturräume mit ihrer jeweiligen Artenvielfalt eine nicht zu ersetzende Lebensgrundlage sind und zudem wertvolle Dienstleistungen für die Gesellschaft bereitstellen.
Seit auf der Nairobi Konferenz die Konvention über die Biologische Vielfalt verabschiedet wurde und ab Juni 1992 auf der Rio-Konferenz unterzeichnet werden konnte, fand eine Vielzahl an Folgekonferenzen statt. Auf der UN Biodiversity Conference (CBD) in 2022 wurde eine neue globale Vereinbarung für biologische Vielfalt beschlossen: das Kunming-Montreal Global biodiversity framework (GBF). Dieses umfasst globale Ziele zum Schutz der biologischen Vielfalt bis 2030.
Zur Umsetzung des GBF arbeitet die Bundesregierung an einer Fortentwicklung ihrer nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt für 2030.
Auch die EU arbeitet an dem Ziel die Artenvielfalt zu erhöhen und die Widerstandsfähigkeit der Ökosysteme (WVO) zu stärken und stellte 2020 ihre Biodiversitätsstrategie für 2030 vor, die als zentraler Bestandteil des europäischen Grünen Deals dient. Die WVO, die EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur, gehört zu den Kernelementen dieser Strategie, indem sie einen konkreten Zeitrahmen und messbare Zwischenziele für die Erreichung der Vereinbarungen vorgibt.