Konzeptionelle Idee und ihre Grenzen

Die Herstellung von Produkten aus natürlichen oder nachwachsenden Rohstoffen steht bei der Vermarktung von Ökodesign-Produkten oft für traditionelle Produktionsverfahren mit geringerer Umwelt­einwirkung, für Produkte ohne Schadstoffproblematik und für regionale Herstellungszusammenhänge mit entsprechend positiven sozialen Effekten.

Materialien wie Holz oder pflanzliche Fasern können einen hohen funktionalen Nutzen mit einer günstigen Umweltbilanz verbinden. Und die Nutzung nachwachsender Rohstoffe ist unter dem Aspekt eines sorgsamen Umgangs mit endlichen Ressourcen vom Grundsatz her positiv zu bewerten.

In der Realität bringt die Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen aber auch Nachteile mit sich, wie Nutzungskonflikte um die begrenzte Anbaufläche, unerwünschte Auswirkungen auf Boden und Wasser z. B. durch Nährstoffeinträge oder die Übernutzung über ihre Regenerationsfähigkeit hinaus.

Wie können nachwachsende Rohstoffe auf nachhaltige Art und Weise genutzt werden und welche Anforderungen stellen sich dabei? Darauf will dieser Artikel Antworten geben.

Grundlagen und Begriffe

Was sind Nachwachsende Rohstoffe?

Nachwachsende Rohstoffe (NaWaRo) sind organische Rohstoffe auf zumeist pflanzlicher Basis aus Land- und Forstwirtschaft. Auf dem Papier gelten sie als umweltfreundlich, da sie sich regenerieren und z. B. selbst bei einer energetischen Verwertung am Ende ihres Lebenszyklus nicht mehr CO₂ freisetzen sollen, als sie während des Wachstums gebunden haben.

Diese Sichtweise ist jedoch verkürzt. Eine Betrachtung der Rahmen­bedingungen, wie z. B. der Anbaubedingungen ist unerlässlich, um zu verstehen, welche Vor- und auch Nachteile sich im Bereich der verschiedenen Umweltwirkungskategorien ergeben.  Auch hinsichtlich der vorgeblichen CO2-Neutralität muss eine erweiterte Betrachtung erfolgen, um beispielsweise den Verlust an Kohlenstoffspeicherkapazität oder den Zeitraum der Kohlenstoffeinspeicherung zu berücksichtigen.

Nachwachsende Rohstoffe werden sowohl werkstofflich als Material als auch energetisch als Brennstoff genutzt. Die Nutzung erfolgt entweder direkt oder indirekt. „Direkt“ bedeutet, dass vor der Nutzung nur eine einfache mechanische oder thermische Behandlung (z. B. Sägen, Trocknen, Pelletieren) erfolgt, ein vergleichsweise kleiner Eingriff in das natürliche Material. „Indirekt“ bedeutet, dass aus dem biogenen Rohstoff durch biologische und / oder chemische Prozesse ein neues Material synthetisiert wird, dessen Struktur gegenüber dem ursprünglichen Rohstoff deutlich verändert ist. Ein Beispiel hierfür ist die Herstellung von biobasierten Chemikalien oder Biokraftstoffen.

Typische nachwachsende Rohstoffe und ihre Materialverwendungen sind beispielsweise:

  • Holz
    als Vollholz und (Verbund-)Plattenwerkstoff im Haus und Möbelbau oder als Papier
  • Baumwollfasern
    für Textilien aller Art
  • Flachs, Hanf
    für Textilprodukte
  • Wolle
    als Wollgarn für Textilien aller Art und als Dämmstoff
  • Schilf
    als Dachbedeckung
  • Stroh
    als Dämmmaterial oder Baustoff
  • Arzneipflanzen
    als Phytopharmaka, Tee oder zur Wirkstoffgewinnung

Außerdem werden nachwachsende Rohstoffe auch für die Herstellung von Produkten der chemischen Industrie eingesetzt, z. B. Zusatzstoffe in Farben und Lacken, Schmiermittel oder Kosmetika verwendet. Insgesamt sind rund 13 % der kohlenstoffhaltigen Rohstoffe der chemischen Industrie in Deutschland nachwachsende Rohstoffe.

Neben diesen aufgeführten Einsatzmöglichkeiten nachwachsender Rohstoffe kommen heute zunehmend Biopolymere (Biokunststoffe) zu Anwendung.

Was ist ein Biokunststoff?

Eine allgemeine Definition des Begriffes Biokunststoffe existiert nicht. „Bio” wird bezogen auf Kunststoffe meist in zwei verschiedenen Zusammenhängen verwendet. Als „biobasiert“ werden Kunststoffe bezeichnet, die nicht aus fossilen, sondern nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden. Als „bioabbaubar“ gelten Kunststoffe, die durch Mikroorganismen oder Pilze unter bestimmten Bedingungen vollständig zersetzt werden können. Allerdings sind nicht alle sogenannten Biokunststoffe gleichzeitig biobasiert und bioabbaubar. Biokunststoffe können auch bioabbaubar sein, aber auf fossilen Rohstoffen basieren. Andere Biokunststoffe werden zwar aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt, sind aber nicht bioabbaubar. Biokunststoffe können daher drei verschiedenen Gruppen zugeordnet werden:

Abbildung 1: Mögliches Verständnis des Begriffes Biokunststoff in grünen Kästen; eigene Darstellung.

Eine weitere Gruppe, die auf ihre eigene Weise „bio” ist, ist die Gruppe der biokompatiblen Kunststoffe. Das sind Kunststoffe, die für Mensch und Tier unbedenklich sind. Solche Kunststoffe werden z. B für Implantate oder Nahtmaterial im medizinischen Bereich verwendet werden.

Welche Ausgangssubstanzen eigenen sind für die Herstellung von Biokunststoffen?

Eine Vielzahl unterschiedlicher nachwachsender Rohstoffe eignet sich zur Herstellung von Biopolymeren Die laufende Forschung untersucht noch ungenutzte Ausgangsmaterialien, z. B. Abfallstoffe. Denn der Anbau von nachwachsenden Rohstoffen für die Produktion von Kunststoffen ist begrenzt und steht in direkter Flächenkonkurrenz zur Produktion von Lebensmitteln.

Die heute wichtigsten Ausgangssubstanzen für Biopolymere sind:

  • Cellulose

Cellulose ist ein natürliches Polymer aus Zuckermolekülen (Polysaccharid), das in den Zellwänden von Pflanzen (meist Holz) und den Samenfasern der Baumwolle in großen Mengen vorkommt.

Wenn Cellulose als reiner Rohstoff aus Holz gewonnen werden soll, muss diese zunächst aus dem Verbund mit Lignin herausgelöst werden. Cellulose wird herkömmlich sowohl für die Herstellung von Papier und Kleidung genutzt, als auch als Substrat in biotechnologischen Prozessen. Hierfür ist jedoch eine Vorbehandlung notwendig, um die Verwertung der Cellulose durch Mikroorganismen zu erleichtern. Cellulose kann auch direkt für die Herstellung von Kunststoffen genutzt werden.

  • Stärke

Stärke ist ebenfalls ein Polysaccharid, das meist aus Kartoffeln, Mais, Weizen oder Tapioka gewonnen wird. Die stoffliche Nutzung von Stärke für die Kunststoffherstellung steht damit in direkter Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion. In einigen Fällen kann Stärke aber auch aus Abfällen der Lebensmittelproduktion gewonnen werden.

Stärke kann sowohl direkt zu Biopolymeren verarbeitet als auch als Ausgangsstoff für Syntheseprozesse verwendet werden.

  • Zucker

Zuckerlösungen sind ein idealer Nährboden für eine Vielzahl biotechnologischer Prozesse. Er wird entweder aus zuckerhaltigen Feldfrüchten wie Zuckerrohr oder Zuckerrüben gewonnen oder indirekt durch enzymatische Umwandlung aus Stärke.

  • Fette

Natürliche Fette werden durch einfache mechanisch-thermische Verfahren aus Feldfrüchten wie Raps, Lein oder Soja gewonnen. Neben der weit verbreiteten Verwendung in Biokraftstoffen können sie auch werkstofflich eingesetzt werden. Die aus Fetten gewonnen Feststoffe (biogene Epoxidharze, Linoleum) eignen sich gut z. B. für Verbundwerkstoffe.

Wie werden biobasierte Kunststoffe hergestellt und welche gibt es?

Die Herstellung von Biopolymeren kann durch verschiedene Herstellungsrouten erfolgen. Biopolymere, die auf Basis nachwachsender Rohstoffe hergestellt werden, gleichen zum Teil Polymeren auf Basis fossiler Rohstoffe. Daneben gibt es aber auch eigenständige Polymer-Arten:

  • Stärkekunststoffe und Blends

Aus Stärke können direkt ohne biotechnologische Umwandlung thermo­plastische Stärke, Stärkekomposite und Stärkeblends hergestellt werden.

Der am einfachsten herzustellende Kunststoff dieser drei ist die thermo­plastische Stärke (TPS). Zur Herstellung werden der Stärke Weichmacher (z.T. nur Wasser) beigemischt und dann kann diese direkt extrudiert werden. Hierbei entsteht ein relativ poröser und wasserabsorbierender Rohstoff, der biologisch abbaubar ist.

Durch die Vermischung der thermoplastischen Stärke (TPS) mit Fasern, z. B. Papier, entstehen Stärkekomposite, die eine höhere Festigkeit als reine TPS aufweisen.

Wird die TPS mit anderen Kunststoffen gemischt - biobasiert oder aus fossilen Rohstoffen, entstehen Stärkeblends.

  • Polymilchsäure

Die Polymilchsäure (PLA, Englisch: polylactid acid) oder Polylactide ist ein häufig hergestellter biobasierter Kunststoff. Es handelt sich um ein Polymer, das aus Milchsäure-Monomeren hergestellt wird.

Milchsäure kann sowohl fermentativ aus Biomasse als auch rein chemisch aus fossilen Rohstoffen hergestellt werden. Der häufigste Herstellungsprozess ist jedoch der aus Biomasse. Rohstoff für die Milchsäureherstellung sind Zuckersubstrate (Glucose, Maltose, Dextrose, Saccharose, Lactose), die meist aus Mais, Kartoffeln, Zuckerrohr, Zuckerrüben oder Molke gewonnen werden. Die Nutzung anderer Rohstoffe wie Reststoffe aus der Lebensmittelherstellung oder Lignocellulose (aus Holz oder ähnlich aufgebauten Pflanzen) ist ebenfalls möglich.

Die Herstellung von PLA aus Milchsäure kann dann durch drei unterschied­liche Polymerisationsverfahren erfolgen, die alle zu ähnlichen Endprodukten führen. PLA ist unter bestimmten Umweltbedingungen biologisch abbaubar.

  • Celluloseester / Celluloseacetat

Zur Herstellung von Celluloseacetat wird gereinigte Cellulose mit Essigsäureanhydrid zu einem Kunststoff umgesetzt.

Durch chemische Modifikation wird Celluloseacetat zwar gegen Schimmel-, Pilz- und Bakterienbefall beständig, ist jedoch dadurch nur noch schwer biologisch abbaubar.

  • Konventionelle Polymere auf Basis biobasierter Bausteine

Eine Reihe von Polymeren, die in großen Maßstab aus fossilen (petro­chemischen) Grundchemikalien hergestellt werden, können auch auf der Basis von nachwachsenden Rohstoffen erzeugt werden. Auch Mischformen von Monomeren, die sowohl aus nachwachsenden als auch fossilen Rohstoffen gewonnen werden, sind möglich.

Die wichtigste aus Biomasse hergestellte Grundchemikalie ist das durch Gärung hergestellte Ethanol. Aus dieser Grundchemikalie lassen sich über mehr oder weniger komplexe Umwandlungsschritte die verschiedenen Grundbausteine der Polymerchemie herstellen, die sonst aus fossilen Rohstoffen gewonnen werden.

Polyethylen (PE) ist dabei die einfachste Verbindung, da ihr Grundbaustein, das Ethen, über einen einfachen Umwandlungsschritt direkt aus Ethanol hergestellt werden kann. Bei anderen Kunstoffen, z. B. dem Polypropylen (PP), sind mehr Umwandlungsschritte nötig.

Ein Beispiel für Kunststoffe, die nur zu einem Teil aus biobasierten Bausteinen gebildet werden, während andere Bausteine erdölbasiert sind, ist das Polyethylen­terephthalat (PET). Weitere Kunststoffe, die zumindest teilweise biobasiert hergestellt werden können, sind Polyamide (PA) oder Polyurethan (PU).

  • Verbundwerkstoffe

Neben den reinen Biokunststoffen gibt es auch Verbundwerkstoffe, die Komponenten auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen enthalten, oder die vollständig auf Biomasse basieren. Beispiele sind hier naturfaserverstärkte Kunststoffe (NFK) und Wood Plastic Composites (WPC), das heißt Verbundwerkstoffe auf der Basis von Lignin oder von Holz bzw. Holzmehl und Biopolymeren.

Schematische Darstellung der unterschiedlichen Herstellungsrouten von Biokunststoffen. Nach Ökopol 2015.

Beurteilung der Umweltwirkung von nachwachsenden Rohstoffen

Was sind relevante Umweltwirkungen?

Der Einsatz von Materialien auf Basis nachwachsender Rohstoffe – insbesondere mit der Perspektive, dass sich der Bedarf an derartigen Materialien in Zukunft aufgrund des Schwindens fossiler Rohstoffe, deutlich ausweiten könnte – ist aus Umweltperspektive kritisch zu betrachten.

Zwar handelt es sich bei nachwachsenden Rohstoffen um eine regenerative Rohstoffquelle, die allgemein als klimaneutral gilt, jedoch ist das nicht die ganze Wahrheit. Denn die Produktion der Rohstoffbasis bedingt eine Reihe relevanter Umwelteinwirkungen und Umweltrisiken:

  • Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden
  • Beeinträchtigungen der Biodiversität sowie der Böden
  • Gefährdung von Boden- und Wasserressourcen
  • Einsatz genveränderter Organismen (GVO)
  • Landnutzungsänderungen und Verstärkung von Flächenkonkurrenz
  • Verdrängung von Agrarprodukten für die menschliche Ernährung
  • Treibhausgasemissionen in der Produktion, Verarbeitung und Transport
  • (zeitweise) Verringerung der Kohlenstoffspeicherkapazität.

Nachwachsende Rohstoffe in Material und Produkten werden zum Teil mit Rohstoffen auf nicht regenerativer Basis kombiniert, sodass die Inanspruchnahme der Umweltressourcen durch die übrigen Prozesse im Produktlebensweg weitgehend unverändert bleibt.

In der Konsequenz bedeutet dies, dass die Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen nicht pauschal als besser oder schlechter gegenüber nicht regenerativen Rohstoffen gesehen werden kann. Vielmehr sind für ein differenziertes Urteil ökobilanzierende Analysen notwendig.

Welche Anforderungen stellen sich an eine ökobilanzierende Betrachtung?

Geht es bei einer solchen Analyse um unterschiedliche Vorketten (Rohstoffgewinnung und Produktion) für die Herstellung eines technisch gleichartigen Materials, z. B. die Herstellung von Polyethylen auf Basis fossiler oder nachwachsender Rohstoffe, so fällt dieser Vergleich leicht. Deutlich schwieriger ist es, wenn Materialien mit unterschiedlichen (funktionalen) Stärken und Schwächen verglichen werden wie beispielsweise in der Frage, ob Kunststoffprofile oder Holz das umweltfreundlichere Rahmenmaterial für Fenster wären. In diesem Fall wird die ökobilanzierende Betrachtung schnell sehr komplex, und andere Aspekte wie die Lebensdauer, der Wartungsaufwand oder die Recyclingfähigkeit des Produkts werden relevanter als die zugrundeliegende Rohstoffbasis.

Vergleicht man die Ökobilanz von biobasierten mit fossilbasierten Kunststoffen zeigen sich die Vorteile der biobasierten Kunststoffe bei den Treibhausgas­emissionen und dem Verbrauch an fossilen Ressourcen. Nachteile zeigen sich allerdings im Bereich der Bodenversauerung, des Flächen­verbrauchs und des Einflusses auf den Wasserhaushalt, z. B. bei der im Auftrag des Umweltbundesamtes 2014 durchgeführten Studie, in der PLA und Polystyrol verglichen werden.

Relevant ist auch, inwieweit Aspekte wie indirekte Landnutzungsänderungen einbezogen werden und wie mit den sehr unter­schiedlichen Bewirtschaftungsstandards bei der Urproduktion der nachwachsenden Rohstoffe umgegangen wird. Das ist vor allem dann wichtig, wenn ein Teil der nachwachsenden Rohstoffe aus ökologisch besonders sensiblen Gebieten wie z. B. dem tropischen Regenwald oder borealen Wäldern stammt.

Auch für die Frage der Auswirkungen von Produkten und deren Herstellung auf die Biodiversität, welche gerade auch mit Blick auf die Verwendung von NaWaRo von besonderer Bedeutung ist, ist im Rahmen von Ökobilanzen bisher noch nicht vollumfänglich und befriedigend zu bewerten.

Letztlich ist es auch bedeutsam, welche Entsorgungsszenarien betrachtet werden.

Was sollte über biologische Abbaubarkeit und Kompostierbarkeit mit Blick auf die Entsorgung gewusst werden?

Biologische Abbaubarkeit ist nicht gleichbedeutend mit Kompostierbarkeit.

Biologisch abbaubar bedeutet nach DIN EN 13432, dass ein Material nach einer festgeschrie­benen Zeit unter definierten Temperatur-, Sauerstoff- und Feuchtebedingungen in Anwesenheit von Mikroorganismen oder Pilzen zu mehr als 90 Prozent zu Wasser, Kohlendioxid (CO₂) und Biomasse abgebaut wurde.

Um kompostierbar zu sein, muss sich der Kunststoff dagegen nach DIN EN 14995 innerhalb von 12 Wochen zu 90 % in Partikel < 2 mm zersetzen.

In der Realität sind die Rottezeiten in Kompostierungsanlagen vielfach kürzer als die in der Norm vorgegebenen 12 Wochen und liegen zum Teil bei ca. 6 Wochen, sodass der notwendige Zersetzungsgrad oft nicht erreicht wird.

Darüber hinaus kann in der Entsorgungswirtschaft keine saubere Trennung biologisch abbaubarer und konventioneller nicht-abbaubarer Abfälle sichergestellt werden. Das bedeutet in Bezug auf Biokunststoffe:

  • Nicht abbaubare Kunststoffe gelangen versehentlich in Kompostierungs­anlagen und / oder Biokunststoffe werden unter den Bedingungen nicht vollständig abgebaut. Dies bedeutet, die Kunststoffrestfraktionen verunreinigen den Kompoststrom und erschweren dessen Verwertung.
  • Abbaubare Kunststoffe werden mit konventionellen Kunststoffen zusammen recycelt. Dies bedeutet, die abbaubaren Kunststoffe verunreinigen den konventionellen Abfallstrom und verhindern so ein hochwertiges Recycling. Dies führt zum Qualitätsverlust.

Ein ganz wesentlicher Aspekt hinsichtlich der Entsorgung ist, dass Verpackungen oder auch Einwegprodukte aus abbaubaren Kunststoffen wie Becher, Besteck und Teller, nicht über die Bioabfallsammlung entsorgt werden dürfen. Kunststoffverpackungen sind z. B. immer in der dafür vorgesehenen Abfallsammlung (gelbe Tonne / gelber Sack) zu entsorgen. Die genannten Einwegprodukte gehören dagegen in den Restmüll. Der Grund für das Verbot ist, dass aus den gesammelten Bioabfällen Düngemittel für die Landwirtschaft oder z. B. Kompost als Grundlage für Blumenerde hergestellt werden. Hierfür sind Kunststoffe, auch wenn sie biologisch abbaubar sind, nicht geeignet. Die Bioabfallverordnung (BioAbfV) erlaubt biologisch abbaubare Kunststoffabfälle aus überwiegend nachwachsenden Rohstoffen daher nur im Fall von Abfalltüten, die zur Sammlung biologisch abbaubarer Abfälle wie z. B. von Küchen- und Kantinenabfällen bestimmt sind, wenn diese nach DIN EN 13432 (Ausgabe 2000-12) und DIN EN 13432 Berichtigung 2 (Ausgabe 2007-10) oder DIN EN 14995 (Ausgabe 2007-03) zertifiziert sind. Darüber hinaus müssen die biologisch abbaubaren Abfalltüten innerhalb von 6 statt wie in der Norm vorgesehen 12 Wochen vollständig desintegrieren (DINplus Bioabfall-Beutel).

Aufgrund dieser Problematik und komplexer Abwägungen in Bezug auf die Gesamtenergieeffizienz, empfehlen Expert:innen eher eine Kaskadennutzung der Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen. Dies bedeutet, dass die nachwachsenden Rohstoffe nach dem Ende ihrer Materialnutzung einer energetischen Verwertung zugeführt werden. Vor der Verwertung wäre jedoch eine weitere Nutzungsphase des Materials in einem geschlossenen Recyclingkreislauf in Verbindung mit einer sortenreinen Trennung wünschenswert.

Zertifizierungssysteme für Anbau und Vorkettenprozesse

Anbaubedingungen von nachwachsenden Rohstoffen sind von großer Bedeutung für die ökologische Beurteilung der daraus erzeugten Materialien. Diese Anbaubedingungen können bei verschiedenen Rohstoff­erzeugern sehr unterschiedlich ausgestaltet sein und umfassen auch Methoden wie den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.

Da es für Designer:innen jedoch kaum möglich ist die Anbaubedingungen aller Lieferanten zu prüfen und zu bewerten, haben sich in diesem Bereich eine Reihe von Nachhaltigkeitsstandards etabliert, auf die zurückgegriffen werden kann.

Eine Machbarkeitsstudie von 2019 im Auftrag des Umweltbundesamtes analysierte grundsätzliche Anforderungen an nachhaltig produzierte Biomasse als Rohstoff anhand von zwei Schwerpunkten:

  • (1) Welche etablierten Zertifizierungssysteme berücksichtigen in welchem Umfang Nachhaltigkeitskriterien gemäß international anerkanntem Standard (ISO 13065) und stellen auch den Nachweis über die Lieferkette sicher?

Diesen Punkt erfüllen die Systeme RSB (Roundtable on Sustainable Biomaterials), ISCCplus (International Sustainability and Carbon Certification), RSPO (Roundtable on Sustainable Palm Oil) und RTRS (Roundtable on Responsible Soy) weitgehend.

  • (2) Welche Produktionspfade können eine positive Treibhausgasbilanz auch unter Berücksichtigung von Landnutzungsänderung sicherstellen?

Diesen Punkt erfüllt RSB. ISCCplus, RSPO und RTRS weisen zu einigen Kriterien jedoch deutliche Lücken auf.

Für forstwirtschaftliche Produktionssysteme erwies sich der Prüfkatalog der Machbarkeitsstudie z. T. als ungeeignet. Eine gute Übersicht, welche Kriterien und Aspekte mit Blick auf  Holz aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern zu berücksichtigen sind findet sich unter Home | Sustainable Forest Products. Neben den bekanntesten internationalen Zertifizierungssystemen Forest Stewardship Council (FSC) und Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes (PEFC) gibt es noch eine Reihe weiterer und weniger bekannte regionale Systeme. Hierzu gehören u. a. die Zertifikate der Pan African Forest Certification Association of Gabon (PAFC), NEPCon LegalSource Programme und das Green Gold Label (GGL). Allerdings ist es schwierig, eindeutige Empfehlungen für einzelne dieser Zertifizierungssysteme zu geben. Entweder im Bereich der Anforderungen oder aber bei der Überprüfung ihrer Einhaltung bestehen doch immer wieder Schwachstellen. Daher sollte auf die beiden internationalen Zertifizierungssysteme zurückgegriffen werden.

Vor der Verwendung von Materialien, die auf nachwachsenden Rohstoffen basieren, sollten in jedem Fall die einschlägigen Standards und Zertifizierungssysteme tiefergehend geprüft werden. Bei einer derartigen Beurteilung sind u. a. die folgenden Aspekte von Bedeutung:

  • Art des Standards / Kodex
    Handelt es sich um einen Herstellerstandard, Branchenstandard oder übergreifenden Standard?
  • Inhalt des Standards / Kodex
    Was wird adressiert? Umweltaspekte, soziale Aspekte, Gesundheitsaspekte und für welche Prozesse gilt dies?
  • Überwachung oder Zertifizierung
    Wird die Einhaltung des Standards vom Hersteller selbst überwacht oder erfolgt eine (unabhängige) Zertifizierung der Vorlieferanten?
  • Auditierung
    Erfolgen periodische Überprüfungen, z. B. in Form spontaner Vor-Ort Audits oder regelmäßiger Systemaudits?