Hintergrund und Wirkmechanismen

Der Begriff „eutroph" stammt aus dem Griechischen (eu trophos) und bedeutet „gut ernährt”. Eutrophierung ist die Überdüngung des Wassers mit den Nährstoffen Phosphor und Stickstoff, die naturbedingt oder durch menschliche Aktivitäten verursacht sein kann. Nährstoffüberschüsse bewirken ein beschleunigtes Wachstum von mikroskopisch kleinen, meist einzelligen, schwebenden Algen (dem Phytoplankton) und großen, festsitzenden Algen (den Makrophyten). Anderen Pflanzenarten, vielen Kleinlebewesen und größeren Tieren wird hingegen die Lebensgrundlage entzogen (zum Beispiel durch Sauerstoffmangel). Außerdem kann Eutrophierung die Nutzbarkeit von Gewässern durch den Menschen einschränken (zum Beispiel durch giftige Algenblüten).

In der Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser (91/271/EWG) wird Eutrophierung wie folgt definiert: 

„Anreicherung des Wassers mit Nährstoffen, insbesondere mit Stickstoff - und / oder Phosphorverbindungen, die zu einem vermehrten Wachstum von Algen und höheren Formen des pflanzlichen Lebens und damit zu einer unerwünschten Beeinträchtigung des biologischen Gleichgewichts und der Qualität des betroffenen Gewässers führt.“
Artikel 2 (11)

Rolle der Nährstoffe im Ökosystem

Um an einem Ort leben zu können, muss der Organismus bzw. die jeweilige Art mit den dort herrschenden Umweltfaktoren zurechtkommen. Neben Faktoren wie pH-Wert, Licht oder Temperatur spielt dabei die Versorgung mit Nährstoffen eine herausragende Rolle. Die jeweiligen Anforderungen an die Umweltfaktoren unterscheiden sich artspezifisch. Um zu gedeihen, müssen alle Umweltfaktoren in einem von der jeweiligen Art zumindest tolerierten Bereich liegen. Beispielsweise kann eine Alge keine Photosynthese betreiben, wenn die Lichtverhältnisse zwar gut sind, aber ein erforderlicher Nährstoff fehlt. Der in geringster Menge vorhandene Nährstoff wirkt somit als limitierender Faktor wachstumsbegrenzend (Gesetz des Minimums).

Einige Arten tolerieren auch ungünstige oder extreme Bedingungen, zum Beispiel Trockenheit oder Nährstoffarmut. Da diese Arten aber oftmals nicht sehr konkurrenzstark sind, werden sie bei Abmilderung der Bedingungen, zum Beispiel Nährstoffeintrag, durch konkurrenzstärkere Arten verdrängt.

Hauptnährstoffe des Pflanzenwachstums sind Stickstoff und Phosphor. Auch wenn zum Pflanzenwachstum weitere Nährstoffe benötigt werden, konzentriert sich die Betrachtung der Eutrophierung auf diese beiden Elemente.

Aquatische Eutrophierung

Durch erhöhte Zufuhr des limitierenden Nährstoffs, vor allem Phosphat, können die Algen und Pflanzen andere im Überschuss vorhandene Nährstoffe ausnutzen, Photosynthese betreiben und wachsen.

Seen können als annähernd geschlossene Reaktionssysteme verstanden werden. Die Aufenthaltsdauer der zugeführten Nährstoffe in Seen ist daher lang. Nährstoffzufuhr in Seen führt zunächst zu einer erhöhten pflanzlichen Produktion von sowohl Algen als auch Gefäßpflanzen (Primärproduktion). Die größere pflanzliche Biomasse dient als Nahrung für Konsumenten und Destruenten. Organische Reste sedimentieren in tiefere Gewässerschichten, wo sie mikrobiell abgebaut werden. Da dabei Sauerstoff verbraucht wird, kann es zu sauerstoffarmen oder gänzlich sauerstofffreien (anaeroben) Bedingungen kommen, die gravierende Folgen für das Ökosystem haben. Zum Beispiel kann „der See kippen“ – Faulgasproduktion ist hierfür ein Zeichen. Bei Sauerstoffmangel über dem Sediment kommt es zu einer Selbstverstärkung der Eutrophierung, da dann zuvor im Sediment gebundenes Phosphat freigesetzt wird.

Durch das verstärkte Wachstum der Biomasse, vor allem Algen, an der oberen Schicht des Gewässers, kommt ein diesen Vorgang verstärkender Faktor hinzu: Die Algen wirken sich auf das Lichtangebot im Gewässer aus. Während tagsüber in den oberen Schichten der Gewässer die Sauerstoffsättigung durch die Sauerstoffproduktion der Algen zunimmt, entsteht in den tieferen Schichten ein Sauerstoffmangel, da die Algen den Lichteinfall in tiefere Schichten verhindern. Dieser Prozess wird oft als „Selbstbeschattung“ bezeichnet.

Fließgewässer stellen Transportsysteme dar, in denen die Aufenthaltszeit von eingetragenen Nährstoffen verglichen mit Seen kurz ist. Dennoch sind auch Fließgewässer Eutrophierungsprozessen ausgesetzt. Wie im See kommt es zu einer verstärkten Primärproduktion, die sich auf das Ökosystem auswirkt. Nach Absterben der pflanzlichen Biomasse kann es durch mikrobiellen Abbau zu einem starken Sauerstoffverbrauch im Gewässer kommen, welcher sich negativ auf andere Lebewesen auswirken und beispielsweise zu Fischsterben führen kann.

Auch marine Ökosysteme leiden unter Eutrophierung, wobei oft die Küstengewässer in besonderem Maße betroffen sind. Die meisten marinen Systeme sind stickstofflimitiert, wobei durch die rückläufige Phosphatfracht auch Gebiete mit Phosphatlimitierung auftreten. Als Folge treten insbesondere an den Flussmündungen der großen Flüsse wie Rhein und Donau regelmäßig massive Algenblüten auf.

In der Folge kommt es zu einer Verschiebung der Artenzusammensetzung in der Algengemeinschaft. Insbesondere toxische Blaualgen profitieren vom erhöhten Nährstoffangebot. Wie im See kommt es durch den Abbau der herabsinkenden organischen Substanz zu Sauerstoffzehrungen und sauerstoffarmen bis -freien Bedingungen. Bodenlebewesen und Fischen wird so – mittlerweile in großen Arealen - die Lebensgrundlage entzogen.

Zur aquatischen Eutrophierung tragen folgende Stoffe bei:

  • Luftschadstoffe (Stickstoffoxide und Ammoniak), die sich als Deposition auf Gewässern niederschlagen,
  • Schad- und Nährstoffe, die über das Wasser eingetragen werden (Phosphor, Nitrate, Ammonium, organische Verbindungen). Neben der Einleitung häuslicher und industrieller Abwasser gelangen diese Stoffe außerdem über Bodenauswaschungen in den Gewässerkreislauf. Über die Fließgewässer gelangen die Nährstoffe letztlich in die Meere.
Trübung des Meerwassers durch Algen. Foto: W. Leujak, Umweltbundesamt.

Terrestrische Eutrophierung

Die Nährstoffbelastung von Landökosystemen durch Einträge aus der Luft (insbesondere Stickstoff) stellt nach wie vor eine bedeutende Gefährdung der biologischen Vielfalt dar. Zwischen Böden und Vegetation besteht ein enger ökologischer Zusammenhang.

Durch ungewollte, anthropogen herbeigeführte Nährstoffeinträge - vor allem durch Luftschadstoffe - können schädliche Wirkungen eintreten. Beispielsweise können konkurrenzstarke stickstoffliebende Pflanzen das überreiche Stickstoffangebot besser nutzen, sie wachsen schneller und ausladender und überwuchern als Folge der terrestrischen Eutrophierung andere Arten. Dadurch kann sich die Artenzusammensetzung der Flora und in der Folge auch der Fauna stark verändern. Eine Verringerung der Biodiversität bei gleichzeitiger Erhöhung der Individuenzahl einzelner Arten ist nicht selten die Folge.

Ein zu hohes Nährstoffangebot induziert bei Pflanzen ein Wachstum von zu viel Blattmasse in Verhältnis zu verholztem Gewebe. Dadurch können Pflanzen empfindlicher gegenüber Trockenheit, Frost oder Schädlingen werden.

Böden sind nach Art (Waldboden, Ackerboden, Wiese, etc.) und geographischer Lage sehr unterschiedlich zusammengesetzt und die ökologischen Zusammenhänge daher sehr komplex. Ein zusätzlicher Nährstoffeintrag zieht bei jedem Boden andere Konsequenzen nach sich. Beispielsweise ist Waldboden in der Regel nährstoffarm und die Vegetation langfristiger angelegt, sodass eine Überdüngung andere Folgen auf Flora und Fauna hat als bei Boden unter Grünland. Terrestrische Eutrophierung und eine damit einhergehende Veränderung der Vegetation kann langfristig auch eine Veränderung der Bodenstruktur, der Fruchtbarkeit des Bodens und damit eine Veränderung des Landschaftsbildes nach sich ziehen.

Boden verfügt je nach Beschaffenheit über ein bestimmtes Nährstoffbindungsvermögen, mit dem von Pflanzen nicht direkt aufgebrauchte Nährstoffe gespeichert werden können. Mit steigendem Nährstoffgehalt steigt die Gefahr, dass das Nährstoffbindungsvermögen des Bodens überschritten wird und es zu Auswaschung der Nährstoffe in das Grund- oder Oberflächenwasser kommt.

Viele natürliche terrestrische Ökosysteme sind stickstofflimitiert. Daher reagieren diese auf zusätzlich eingetragenen Stickstoff sensibel. Der Eintrag über Luftschadstoffe ist hier bedeutsam. Anders ist dies bei ackerbaulich genutzten Flächen. Die dort angebauten Pflanzen benötigen zur Steigerung der Ernteerträge in der Regel ohnehin zusätzliche Nährstoffe, die üblicherweise in Form von Düngung eingebracht werden. Nährstoffanreichernde Luftschadstoffe spielen daher für solche Flächen bezüglich terrestrischer Eutrophierung als Einzelfaktor keine Rolle. Allerdings können die als Dünger eingebrachten Nährstoffe (Nitrate, Ammonium und Phosphate) zusammen mit den zusätzlichen Luftschadstoffen zur Eutrophierung beitragen, wenn ein Überschuss an Nährstoffen vorhanden ist, der nicht von den Pflanzen aufgenommen werden kann. Die Nährstoffe gelangen dann in Oberflächengewässer und das Grundwasser und tragen so potenziell zur aquatischen Eutrophierung bei.

Emissionsquellen und Depositionswege

Zur Eutrophierung tragen unter anderem Stickstoff- und Phosphorverbindungen bei. Stickstoffverbindungen stammen aus

  • der Landwirtschaft,
  • dem Verkehr und
  • der Industrie.

Phosphorverbindungen werden sowohl

  • aus der Landwirtschaft
  • als auch aus privaten Haushalten

in Gewässer eingetragen werden. Die Menge hat in den vergangenen Jahrzehnten stetig abgenommen.

Stickstoff- und Phosphoreinträge aus Punkt- und diffusen Quellen in die Oberflächengewässer in Deutschland. Quelle: Umweltbundesamt 2020.

Stickstoffquellen

Die wesentliche Quelle für Stickstoffverbindungen ist die Landwirtschaft. Verantwortlich sind dafür

  • direkt eingesetzter Stickstoffdünger,
  • stickstoffhaltige Dünger, zum Beispiel Ammoniumnitrat,
  • Ammoniakemissionen (NH₃), die in der Tierhaltung entstehen,
  • organischer Dünger, wie zum Beispiel Gülle, durch das Umwandlungsprodukt Ammonium.

Insgesamt sind Ammoniak und sein Umwandlungsprodukt Ammonium zu etwa 50 % an der Stickstoffüberversorgung von naturnahen Böden beteiligt. Ammoniak entsteht ganz überwiegend durch Tierhaltung und in geringerem Maße durch die Düngemittelverwendung in der Landwirtschaft.

Ammoniakemissionen nach Quellkategorien. Quelle: Umweltbundesamt 2022. 

Auch

  • industrielle Prozesse,
  • Feuerungsprozesse,
  • Anlagen zur Rauchgasentstickung
  • sowie durch mit Katalysator ausgerüstete Kraftfahrzeuge

tragen zur Stickstoffanreicherung bei. Zum einen werden Stickstoffoxide über Luftemissionen in die Ökosysteme Boden und Gewässer eingebracht und zum anderen werden stickstoffhaltige Industrieabwässer in Gewässer eingeleitet.

Stickstoffdioxidemissionen nach Quellkategorien. Quelle: Umweltbundesamt 2022.

Phosphorquellen

Auch Phosphorverbindungen werden durch die Landwirtschaft in Form von

  • Phosphatdünger (P-Dünger) oder
  • phosphathaltige Dünger (NPK-Dünger)

in die Umwelt eingetragen. Dies jedoch in sehr viel geringeren Maße als Stickstoff.

  • Ebenso gelangt Phosphor über die Abwässer kommunaler Kläranlagen und industrieller Direkteinleiter in die Gewässer.

Die Phosphoreinträge von privaten Haushalten in Kläranlagen stammten früher vor allem aus Wasch- und Reinigungsmitteln, was jedoch aufgrund gesetzlicher Vorgaben erheblich reduziert wurde.

Deposition

Emissionen in die Luft von Stickstoffoxiden und Ammoniak bzw. ihre Umwandlungsprodukte können in der Atmosphäre abhängig von Strömungsprozessen und Wetter weite (mehrere tausend Kilometer) oder auch nur sehr kurze Wege zurücklegen, ehe sie als nasse, feuchte oder trockene Deposition in Ökosysteme eingetragen werden. Ammoniak hat nur eine geringe Verweilzeit in der Atmosphäre (Stunden bis wenige Tage), bevor es zu Umwandlungsprozessen kommt. Der Ausgangsstoff Ammoniak wirkt daher hauptsächlich lokal in der Nähe des Emittenten. Umwandlungsprodukte können dagegen über weite Strecken transportiert werden.

Fazit

Zwar zeigen Maßnahmen zur Reduktion des Eintrags von Phosphaten in die Ökosysteme bereits Wirkung. Es ist aber in den nächsten Jahren vor allem wegen den bisher nur schwach abnehmenden Emissionen aus der Landwirtschaft weiterhin mit einer weiträumigen Eutrophierung naturnaher Ökosysteme zu rechnen. Bei der Minderung von diffusen Stickstoffemissionen besteht daher erheblicher Handlungsbedarf.