Worum geht es?

Mit mehrdimensionalen Bewertungsinstrumenten, wie zum Beispiel der Ökobilanz, werden mehrere Umweltwirkungen analysiert und zur Entscheidungsfindung herangezogen. Mit Hilfe der eindimensionalen Bewertungskennzahlen wird die Umweltwirkung eines Produktes lediglich anhand einer einzelnen Kennzahl in nur einem Umweltwirkungsbereich analysiert. Ebenso wie die mehrdimen­sionale Betrachtung ihre Vorzüge und Einsatzfelder hat, kann auch die eindimensionale Bewertung wertvolle Ergebnisse liefern, zum Beispiel zur vergleichenden Untersuchung der Einzelbeiträge über den gesamten Lebensweg des Produktes. Darüber hinaus eignen sich manche der eindimensionalen Bewertungsmethoden gut zur Positionierung des Produktes im Markt.

In diesem Artikel werden die folgenden eindimensionalen Instrumente vorgestellt:

  • der Product Carbon Footprint (PCF),
  • der Wasserfußabdruck (Water Footprint, WF)
  • sowie der Kumulierte Energieaufwand (KEA).

Bei allen drei Kategorien handelt es sich um Controlling-Kennzahlen, die zur Bewertung eines Produktes in der entsprechenden Umweltwirkungskategorie herangezogen werden können. Beim Product Carbon Footprint zum Beispiel handelt es sich um die Kategorie Klimawirkung (Global Warming Potential, GWP) eines Produktes aus der weniger populären Ökobilanz. (Die Berechnungsmethodik des Product Carbon Footprint bzw. des Global Warming Potential wird im Artikel zur Ökobilanz erläutert.) Die bildhafte Bezeichnung als Product Carbon Footprint lädt Graphikdesigner:innen geradezu ein, eine langweilige Kennzahl ein geeignetes Kommunikationsmittel zu verwandeln.

Über die Eignung als Marketingtool darf jedoch nicht der Informationsgehalt dieser Kennzahlen übersehen werden. Sowohl beim Product Carbon Footprint, beim Product Water Footprint als auch beim Kumulierten Energieaufwand handelt es sich daher um Kennzahlen, die in vielen Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit zu den sogenannten Key Performance Indicators (KPI) gehören.

Product Carbon Footprint (PCF)

Der Product Carbon Footprint (PCF) ist ein Indikator, der die anthropogen verursachten Treibhausgasemissionen eines Produktes über dessen gesamten Lebensweg aufsummiert und dadurch die Klimawirkung dieses Produktes quantifiziert. Zu den Treibhausgasen zählen u.a. Kohlendioxid (CO₂), Methan (CH₄), Lachgas (N₂O) sowie Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) oder Schwefelhexaflourid (SF₆) (siehe Kapitel Klimawandel). Die einzelnen Treibhausgase entfalten in der Atmosphäre unterschiedliche Schadwirkung. Zur Vereinfachung werden daher die Effekte der Gase in der Atmosphäre bezüglich der Klimawirkung auf die Bezugsgröße Kohlendioxid umgerechnet und in CO₂-Äquivalenten ausgedrückt.

Der PCF drückt die Wirkung eines Produktes in der Wirkungskategorie Klimawandel aus. Da der Klimawandel zweifellos eines der drängendsten Umweltprobleme unserer Zeit ist, ist die (unternehmensinterne) Transparenz über die Emission produktbezogener Treibhausgase eine wertvolle Information. Ebenso kann der PCF aussagekräftig sein für Vergleiche innerhalb von Produktgruppen:

  • bei besonders klimarelevanten Produkten und Dienstleistungen wie Heizungen,
  • bei Produkten, bei denen die Rohstoffgewinnung oder Herstellungsphase einen sehr hohen Beitrag zum Treibhauspotenzial beiträgt,
  • bei energiesparenden Produkten, z. B. Dämmmaterialien oder
  • bei Elektrogeräten mit großem Energiebedarf, z. B. großen Haushaltsgeräten, bei denen der PCF in der Nutzungsphase dominiert (Umweltbundesamt, 2017)

Durch die Reduzierung auf diese Wirkungskategorie kann jedoch die Verschiebung der Problematik in einen anderen Umweltwirkungs­bereich nicht überblickt werden. So könnte beispielsweise eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch eine erhöhte euthrophierende Wirkung „erkauft“ werden. Daher liegt der Nutzen des PCF weniger im ermittelten Ergebnis selbst (kg CO₂-Äquivalente pro Produkt), sondern in der Erfassung und Sichtbarmachung der Einzelbeiträge über den Lebensweg des Produktes. Im Kapitel Klimawandel wurden die anthropogenen Quellen der Treibhausgasemissionen bereits erläutert: Ursache sind vor allem

  • Verbrennung fossiler Rohstoffe durch Energiegewinnung, Transport und weitere Prozesse,
  • Intensiv­landwirtschaft und Intensivforstwirtschaft durch Übernutzung von Böden, Massentierhaltung, Abholzung
  • sowie mikrobielle Prozesse unter sauerstoffarmen Bedingungen wie beispielsweise in Mülldeponien.

Es ist davon auszugehen, dass bei einem Großteil der industriell gefertigten Produkte der Energieeinsatz den größten Anteil am Endergebnis haben dürfte, vermutlich gefolgt von Transporten. In diesem Fall hilft ein PCF, Einsparpoten­ziale aufzudecken. Die Treibhausgasemissionen können jedoch auch an anderer Stelle verursacht werden, was durch die Berechnung eines PCF offensichtlich würde.

Der PCF kann Unternehmen also dabei unterstützen, klimaverträglicher zu produzieren. Gleichzeitig jedoch sehen sich die Nutzer:innen und Befürworter:innen des PCF einer intensiv geführten Debatte gegenüber: Mit Hilfe des Indikators PCF können positive oder negative Abweichungen durch Reduktionsmaßnahmen bezogen auf die Klimawirkung eines Produktes kenntlich gemacht werden – nicht ersichtlich werden jedoch Verlagerungen in andere Umweltbereiche.

Auch wenn die Bekämpfung des Klimawandels eine wichtige Aufgabe ist, darf sie doch nicht auf Kosten anderer Ressourcen geführt werden. Die Nichtberück­sichtigung der Verlagerung in andere Umweltwirkungsbereiche ist daher ein ernstzunehmender Einwand gegen die ausschließliche Betrachtung des PCF. Dies ist insbesondere zu berücksichtigen, wenn unterschiedliche Systeme miteinander verglichen werden sollen.

Häufig kann bei einem Produkt vorhergesehen werden, ob der Product Carbon Footprint als sogenannter Leitindikator gelten kann oder nicht. Das bedeutet, dass sich andere Wirkungskategorien gleich dem PCF ebenfalls positiv oder negativ verändern. Kann es nicht gleich zu Beginn abgeschätzt werden, kann ggf. eine Screening LCA (siehe Kapitel Ökobilanz) Aufschluss darüber geben.

Insgesamt gilt: der PCF ist ein wertvolles Instrument zur Ermittlung der Klimawirkung – Achtung: nicht Umweltwirkung! – eines Produktes. Aussagekräftig und Basis für Handlungsempfehlungen sind vor allem die Analyseergebnisse der Einzelbeiträge im Verlauf des Produktlebenszyklus. Wirklich interessant ist das Endergebnis des PCF erst im Vergleich.

Eine Übersicht zu PCF-Standards und methodischen Vorgehen gibt es hier.

Der Wasserfußabdruck (Water Footprint)

Wasser ist eine wertvolle Ressource, die durch Überbeanspruchung und Verunreinigung in vielen Regionen gefährdet ist. Ausführliche Erläuterungen hierzu sind im Kapitel Entnahme und Nutzung von Wasser zu finden. In vielen Verarbeitungsschritten entlang des Lebensweges eines Produktes wird Wasser benötigt. Dieser Lebensweg umfasst nicht nur die direkten Bearbei­tungsschritte am Produkt, sondern auch alle Vorketten der Hilfsmittel. Um diesen Wasserverbrauch entlang des Lebensweges zu analysieren, werden Water Footprints erstellt.

Die Bewertung von Wasserverbräuchen gehört zu den komplexeren Kennzahlen. Bei diesem Umweltindikator sind sowohl die geographischen und klimatischen Bedingungen am Ort der Wasserentnahme als auch die Art des Verbrauches zentral. Bei den meisten anderen Indikatoren wird derzeit die emittierte oder verbrauchte Menge eines Stoffes mit einem einzigen Charakterisierungsfaktor multipliziert. Hierbei wird nicht betrachtet, wo der Stoff emittiert wird oder auf welche Weise.

Da es viele mögliche Definitionen von Wasserverbrauch und noch mehr unterschiedliche Ansätze gibt, diese verwendeten Wassermengen zu bewerten, gibt es auch eine Vielfalt von Methoden, um Wasserkennzahlen zu bestimmen. Diese lassen sich unter dem Begriff Water Footprint zusammenfassen. In den einzelnen Methoden können die Namen abweichen. Beispiele sind Freshwater Depletion, Freshwater Ecosystem Impact und Water Deprivation.

Was ist der Verbrauch von Wasser? In den meisten Prozessen wird das Wasser nicht wirklich verbraucht (die Wasserelektrolyse ist eine Ausnahme). Wasser wird aus einem Wasserreservoir entnommen, z. B. Grundwasser, Fluss oder See, und dann erwärmt, verunreinigt, umgeleitet, verdampft oder verdunstet. Das Wasser wird also nur mit eventuell veränderten Eigenschaften an anderer Stelle wieder in den Wasserkreislauf zurückgegeben. Das kann durch Transporte auch sehr weit weg vom ursprünglichen Herkunftsgebiet sein.

In einigen Fällen wird auch Regenwasser und Bodenfeuchte (green water) in die Bilanz einbezogen. Andere Methoden betrachten nur das Oberflächenwasser, z. B. Flüsse, Seen, und Grundwasser. Diese werden häufig zusammenfassend als blue water bezeichnet. Auch wird bei einigen Ansätzen die Verunreinigung von Süßwasser mit eingerechnet (graues Wasser). Meerwasser wird in keiner der bekannten Water-Footprint-Methoden in die Betrachtung einbezogen. In Fällen, in denen das Meerwasser verschmutzt wird, spiegelt sich diese Verunreinigung in Umweltindikatoren, wie z. B. die marine aquatic ecotoxicity - aquatische Ökotoxizität der Meere – wider.

Wasser ist ein wertvolles Gut, das je nach Region unterschiedlich knapp ist. Die Wirkung der Entnahme von einem Kubikmeter Wasser aus unterschiedlichen Reservoiren wirkt sich je nach geographischer und / oder klimatischer Gegebenheit ganz verschieden aus. In vielen Methoden werden zur regional unterschiedlichen Bewertung von verbrauchten Wassermengen Wasserknappheitsindikatoren eingesetzt.

Wasserknappheitsindikatoren

Ob Wasser ein knappes Gut ist, hängt neben der bloßen Menge des verfüg­baren Wassers von einer Vielzahl weiterer Faktoren ab. Wichtige weitere Einflussfaktoren sind:

  • die Regenerationsfähigkeit eines Reservoirs,
  • der theoretische menschliche Wasserbedarf in Verbindung mit der Bevölkerungsdichte,
  • der Wasserbedarf der Umwelt,
  • jahreszeitliche Schwankungen,
  • soziale und ökonomische Faktoren.

Wenn aus einer Region ausreichend Daten zu den Einflussfaktoren bekannt sind, lässt sich daraus eine Kennzahl für die Wasserknappheit / Wasserverfügbarkeit dieser Region herleiten: der Wasserknappheitsindikator.

Es gibt eine Vielzahl von Wasserknappheitsindikatoren (englisch water scarcity indices). Diese beziehen jeweils eine unterschiedliche Auswahl der oben genannten Einflussfaktoren in die Berechnung mit ein. Viele von diesen Indikatoren wurden nicht für die Berechnung von Water Footprints entwickelt, sondern haben ihren Ursprung in Institutionen und Studien, die sich mit der weltweiten Wasserversorgung im Allgemeinen beschäftigen. Andere wiederum sind speziell im Zusammenhang mit Water-Footprint-Methoden entstanden. Bei der Verwendung eines Wasserknappheitsindikators ist es also wichtig, Daten aus einer konsistenten Quelle zu nutzen.

Wichtige Wasserknappheitsindikatoren sind der Wasserknappheitsindikator nach Falkenmark und die Critical Ratio (siehe Brown & Madlock, 2011)

Diese Wasserknappheitsindikatoren können für unterschiedlich große Regionen berechnet werden. In einigen Übersichten wird ein landesspezifischer Wert angegeben. Viele Länder, so auch Deutschland, haben regional sehr unterschiedliche Verhältnisse bezüglich ihrer Wasserverfügbarkeit. Daher ist es, wenn man die Wahl hat, immer besser einen lokalen Wert zu verwenden. Häufig fehlt jedoch die Datengrundlage für derart genaue Analysen.

Einige Water-Footprint-Methoden

Es gibt noch keine harmonisierte Methode für die Berechnung eines Water Footprints. In den bisher veröffentlichen Water-Footprint-Studien wurden in einigen Fällen mehrere Methoden verwendet und diese nebeneinandergestellt, in anderen wurde nur eine Methode verwendet. Einige der derzeit wichtigen Methoden werden in den folgenden Abschnitten kurz erläutert.

Wasserfußabdruck des Water Footprint Networks nach Hoekstra et al. (2012)

Nach Hoekstra, 2012, ist „der Wasserfußabdruck eines Produkts das Süßwasservolumen, welches für die Produktion eines Produkts, gemessen über die gesamte Wertschöpfungskette, gebraucht wird."

Bei dieser Methode werden drei einzelne Footprints addiert:

  • der Blue Water Footprint = Grund- und Oberflächenwasser ohne Gewichtung,
  • der Green Water Footprint = Regenwasser & Bodenfeuchte ohne Gewichtung und
  • der Grey Water Footprint = Wasservolumen, das gebraucht wird, um die eingetragene Schadstoffmenge bis zum natürlichen Hintergrund bzw. bis zu einem gegebenen Grenzwert zu verdünnen.

Die Summe ergibt den Water Footprint in Litern. In dieser Methode werden keine Wasserknappheitsindikatoren in den Water Footprint eingerechnet. Diese werden jedoch bei der Interpretation der Ergebnisse mit einbezogen.

Wasserfußabdruck nach ISO 14046

Der 2014 veröffentliche ISO-Standard 14046 definiert den Wasserfußabdruck als „Kennzahle(en) zur quantitativen Bestimmung der potenziellen Umweltwirkungen im Zusammenhang mit Wasser“. Damit unterscheidet sich diese Kennzahl vom Wasserfußabdruck nach Hoekstra, 2012, die eine rein volumetrische Kennzahl ist und regional unterschiedliche Wirkungen nur durch Interpretation erfassen kann.

 Neben der Festlegung des Ziels und des Untersuchungsrahmens setzt der Standard ISO 14046 zwei wesentliche Arbeitsschritte voraus:

  • Wasserfußabdruck-Sachbilanz: „Phase der Ermittlung des Wasserfußabdrucks […], der die Zusammenstellung und Quantifizierung von Input und Outputs im Zusammenhang mit Wasser […] zusammenfasst.“ (ISO 14046)
  • Wirkungsabschätzung für den Wasserfußabdruck: „Phase der Ermittlung des Wasserfußabdrucks […], im Anschluss an die Wasserfußabdruck-Sachbilanz […], die dem Erkennen und der Beurteilung der Größe und Bedeutung von potenziellen Umweltwirkungen im Zusammenhang mit Wasser, verursacht durch ein Produkt, einen Prozess oder eine Organisation, dient.“ (Quelle: ISO 14046)

Ein vollumfänglicher Wasserfußabdruck ist mehrdimensional sollte neben der Menge Wasserverbrauch auch Wasserverschmutzung berücksichtigen.

Freshwater Ecosystem Impact und Freshwater Depletion nach Milà i Canals et al. 2009

Die verbrauchte Wassermenge an Grund- und Oberflächenwasser wird bei dieser Methode Nach Milà i Canals et al. 2009 mit einem Wasserknappheitsindikator der eigenen Wahl (!) multipliziert und damit die Kennzahl Freshwater Ecosystem Impact berechnet.

Um die Freshwater Depletion zu berechnen wird die verbrauchte Menge an Wasser bewertet, die über die vom System regenerierte Wassermenge hinaus entnommen wird. Eine solche Entnahme führt zu einer Absenkung des Grundwasserspiegels. Die Freshwater Depletion orientiert sich an dem Ansatz der CML-Methode für den Verbrauch abiotischer Rohstoffe. Hierbei wird die Knappheit des jeweiligen Reservoirs, aus dem das Wasser entnommen wird, mit der weltweiten Knappheit von Antimon (Sb) verglichen. Eine dort entnommene Menge wird mit dem entsprechenden regionalen Faktor multipliziert und dann in kg Sb-Äquivalenten angegeben.

Zusammenfassung

  • Wie ist der Wasserverbrauch über den gesamten Lebensweges eines Produktes?
  • Wird ein entscheidender Anteil des verbrauchten Wassers in einer wasserknappen Region benötigt?
  • Gibt es Alternativen?

Um Antworten auf diese Fragen zu bekommen, sind Water-Footprint-Analysen ein hilfreiches Werkzeug. Wichtig ist, bei jeder durchgeführten Analyse die gewählte Methode transparent darzustellen. Hierzu gehört eine Darstellung, welche Wasserentnahmen und Verbräuche mit eingerechnet werden und ob diese Wassermengen durch regionale Wasserknappheitsindikatoren gewichtet wurden. Ebenso wichtig ist die jeweilig verwendete Definition des Begriffs Wasserverbrauch. Auch ist die Quelle der verwendeten Daten entscheidend und sollte daher immer mit angegeben werden.

Aus den genannten Gründen ist außerdem Vorsicht beim Vergleich verschiedener Water-Footprint-Angaben geboten. Vergleichen lassen sich nur Angaben zu Produkten oder Materialien, die aus derselben Quelle stammen, weil nur hier (vermutlich) die jeweils selbe Berechnungsmethode zugrunde liegt.

Der Kumulierte Energieverbrauch (KEA)

Der Kumulierte Energieaufwand (KEA) ist eine äußerst nützliche aggregierte Größe, wenn es um ökologische Produktanalyse, Umwelt- oder Nachhaltigkeits­controlling geht. Er gibt einen guten Überblick über den integrierten Primärenergiebedarfes eines Produktes über dessen Lebenszyklen hinweg.

Der KEA ist die Summe aller Primärenergieaufwände über den gesamten betrachteten Lebensweg. Ebenso wie beim Product Carbon Footprint und in der Ökobilanz dient die Berechnung des KEA weniger zur Erlangung einer einzelnen Zahl als Endergebnis, sondern vielmehr der vergleichenden Untersuchung der Einzelbeiträge über den gesamten Lebensweg des Produktes. Dazu gehören die Phasen der Herstellung, Nutzung und Entsorgung, in denen entsprechend Transporte wie auch die Fertigungs-, Hilfs- und Betriebsmittel zu berücksichtigen sind.

Der KEA wird aus verschiedenen Beiträgen errechnet: zum einen wird der Energieverbrauch im engeren Sinne in die Berechnung einbezogen, also die benötigte Primärenergie beispielsweise für Prozesse und Transporte. Zum anderen wird die in den Produkten enthaltene Bindung von Energieträgern und sonstigen Stoffen mit deren Brennwert ( = oberer Heizwert) in den Produkten angerechnet. Beispiele hierfür sind Holz in Möbeln oder Erdöl, das in Kunststoffen gebunden ist.

Der KEA ergibt sich daher als Summierung über alle gewichteten Teilbeträge zur Endenergie und zu den stofflich gebundenen Energieträgern.

Die Berechnung des KEA

Die Richtlinie VDI 4600 beschreibt die Grundlagen und Berechnungsmethoden des KEA. Für die Berechnung des KEA ist die Primärenergie relevant, das heißt, für die Ermittlung des Prozess­energieaufwandes ist die Verbrauchsmenge auf der Stromrechnung nicht ausreichend. Der Primärverbrauch muss über Wirkungsgrade der Energie­erzeugung und Netzverluste zurückgerechnet werden.

Der KEA wird, obwohl er per definitionem nicht als Wirkungskategorie gilt, in der Regel in Ökobilanzen als Bewertungsindikator eingesetzt. Falls also bereits eine Ökobilanz vorliegt, dann sind die relevanten Informationen zur Ermittlung des KEA bereits in der Sachbilanz enthalten.

Sofern der KEA unabhängig berechnet wird, sind bei der Zusammenstellung der Daten alle Input- und Output-Kategorien zu berücksichtigen und zu berechnen.

Der Weg zur Ermittlung des KEA scheint nach obiger Definition zunächst logisch. Allerdings ist die Berechnung bei gewissen Formen der Primärenergie wie z. B. Kernenergie, Solarenergie, Windenergie nicht eindeutig bestimmbar. Vor allem bei der Solarenergie ist fraglich, wie die Primärenergie definiert werden soll – die auf die Erdoberfläche auftreffende Sonnenenergie ist (bisher) nicht bilanziert. Dadurch fällt es schwer, Holz und andere nachwachsende Energie­träger primärenergetisch zu bewerten; ähnliches gilt für Wasserkraft oder Windkraft. Die in Kohle oder Öl enthaltene Energiemenge ist jedoch letztlich auch auf die Sonnenenergie zurückzuführen – allein, es lässt sich kaum praxisnah berechnen.

Es scheint also alles eine Frage der Definition der Systemgrenzen zu sein. Aufgrund solcher Definitionsschwierigkeiten hat der Verband Deutscher Ingenieure (VDI) in der KEA-Richtlinie VDI 4600 Vorschläge erarbeitet, wie im Einzelnen vorgegangen werden kann, bis eine internationale Norm erstellt ist. Für Wasserkraft, deren Wirkungsgrad mit rund 85% sehr hoch liegt, wird beispielsweise angenommen, dass es sich dabei um Primärenergie handelt. Es sind jedoch noch die Netzverluste abzuziehen. Für die Kernenergie wird die Primärenergie über den thermischen Wirkungsgrad der Stromerzeugung berechnet. Die Primärenergie ist also als die im spaltbaren Kern gespeicherte Energie definiert.

Da die Berechnung des KEA „nur“ Mittel zum Zweck einer nachhaltigeren Produktion ist, ist eine praxisnahe Berechnung (wie der VDI sie vorschlägt) der streng wissenschaftlichen (Bilanzierung der Sonneneinstrahlung), absolut vorzuziehen.

In der Praxis wird bei der Darstellung des KEA häufig zwischen KEA(fossil) und KEA(erneuerbar) unterschieden.

Der Nutzen des KEA

Der Energieeinsatz zur Produktion von Gütern ist einer der wesentlichen Faktoren einer nachhaltigen Gestaltung industrieller Prozesse. So lange fossile Ressourcen eingesetzt werden müssen, ist ein hoher Energieverbrauch der limitierende Faktor für eine nachhaltige Produktion. Ob es durch den Einsatz erneuerbarer Energien ebenfalls ein limitierender Faktor ist, bleibt abzuwarten. Die Aufzehrung von Ressourcen, Zerstörung durch die Ressourcenentnahme sowie durch Verbrennungsprozesse entstehende Emissionen tragen erheblich zu Schäden am ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen System bei.

Der KEA bietet Unternehmen die Möglichkeit, sehr strukturiert auf die Suche nach Energiesparpotenzialen ihrer Produkte (und Prozesse) zu gehen, und dadurch Einfluss auf eine verbesserte Klimabilanz zu nehmen. Da weniger Energieeinsatz jedoch nicht nur das Klima entlastet, sondern gleichzeitig Ressourcen schützt, ist die Verringerung des KEA im Unternehmen meistens ein anzustrebendes Ziel. Gleichzeitig ist Energie ein enormer Kostenfaktor, dessen Reduktion ebenfalls der ökonomischen Nachhaltigkeit der Unternehmen zu Gute kommt.

Allerdings ist eine alleinige Fokussierung auf den KEA als Umweltindikator wie auch beim Product Carbon Footprint (siehe oben) aus denselben Gründen zunächst mit Vorsicht zu genießen: Es sollte ausgeschlossen werden, dass Einsparungen an dieser Stelle mit steigenden Schäden in anderen Umweltkompartimenten kompensiert werden.