Für die Produktgestaltung ist es notwendig:

  • gefährliche Stoffe zu erkennen,
  • die Notwendigkeit ihres Vorhandenseins im Produkt zu begründen,
  • ggf. eine Abschätzung der dadurch entstehenden Risiken vorzunehmen,
  • darauf basierend eine Entscheidung zu treffen, wie solche Stoffe im Produkt ersetzt oder sicher für Mensch und Umwelt verwendet werden können.

Im Chemikalienrecht spricht man von

  • Stoffen - chemische Elemente und deren Verbindungen,
  • Gemischen - absichtlich hergestellte Mischungen aus Stoffen,
  • Erzeugnissen - Objekte, deren Funktion im Wesentlichen durch die physikalische Form und weniger durch ihre chemische Zusammen­setzung definiert ist.

Wichtige Chemikalienverordnungen sind:

  • REACH, das die Herstellung, Vermarktung und Verwendung von Stoffen und Gemischen reguliert
  • die CLP-Verordnung zur Einstufung und Kennzeichnung von Stoffen und Gemischen. Die CLP-Verordnung ist für Designer:innen wichtig, weil sie die Kommunikation über und das Auffinden von gefährlichen Stoffen vereinfacht.

Ein chemikalienbedingtes Risiko ergibt sich aus der Kombination der Gefährlichkeit eines Stoffes und dem Ausmaß, mit dem Mensch und Umwelt mit dem Stoff in Kontakt kommen (Expositionshöhe). Die folgende Formel gibt diesen Zusammenhang wieder:

Die Gefährlichkeit eines Stoffes ist durch seine intrinsischen, das heißt seine unveränderlichen und ihn kennzeichnenden Eigenschaften bedingt. Besonders relevant im Ökodesign sind

  • Gefährlichkeit für die menschliche Gesundheit (Humantoxizität) und
  • Gefährlichkeit für die Umwelt (Ökotoxizität).

Stoffe, die schwerwiegende und irreversible Gesundheitsschäden verursachen oder Ökosysteme nachhaltig stören können, sollten für Produktdesigner:innen höchste Priorität haben. Sie werden als „besonders besorgniserregende Stoffe“ bezeichnet; Englisch: Substances of Very High Concern, kurz SVHC. Dies sind Stoffe, die:

  • krebserzeugend, erbgutverändernd und fortpflanzungsgefährdend sind (CMRs)
  • die schwer abbaubar, bioakkumulierend und toxisch sind (PBTs)
  • die sehr schwer abbaubar und sehr bioakkumulierend sind (vPvBs)
  • die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit oder auf die Umwelt haben, die ebenso besorgniserregend sind wie die oben genannten Stoffe und die im Einzelfall ermittelt werden (nach der geplanten Revision der REACH-Verordnung betrifft dies die neuen Kategorien für endokrine Disruptoren (ED), persistente, mobile und toxische Stoffe (PMT) und sehr persistente, sehr mobile Stoffe (vPvM)

Die Höhe einer Exposition gegenüber einem Stoff ist davon abhängig, welche Menge aus einem Prozess / Produkt freigesetzt wird, wie sich die freigesetzte Stoffmenge verteilt und ggf. abgebaut wird und welcher Kontakt mit dem jeweiligen Schutzgut besteht.

Aus der Sicht des Produktdesigns ist zu beachten, dass in der Abfallphase von Produkten (Erzeugnissen) gebundene Stoffe vielfach freigesetzt und in die Umwelt emittiert werden, z. B. Schwermetalle werden in der thermischen Verwertung in die Luft emittiert.

Es besteht ein Risiko, also die Möglichkeit, dass ein Schaden eintritt, wenn die Expositionshöhe gegenüber einem Stoff den Schwellenwert überschreitet, oberhalb dessen schädliche Wirkungen auftreten.

Die EU-Chemikalienverordnung REACH definiert in einigen wenigen, aber zentralen Punkten stoffliche Vorgaben für Erzeugnisse:

  • Einschränkungen im Anhang XVII von REACH: Hier wird für eine Reihe von Stoffen festgelegt, dass sie in Erzeugnissen gar nicht, nur in geringen Konzentrationen oder unter bestimmten Bedingungen verwendet werden dürfen.
  • Kommunikationsanforderungen für besonders besorgniserregende Stoffe auf der Kandidatenliste: Diese Stoffe sollten nach Möglichkeit nicht verwendet werden. Sind sie dennoch in Erzeugnissen in Konzentrationen oberhalb von 0,1% enthalten, so muss der Hersteller des Erzeugnisses dies seinen gewerblichen und privaten Kunden mitteilen.

Weitere stoffbezogene Vorgaben für Erzeugnisse finden sich teilweise in produktbezogener Gesetzgebung wie z. B. die Richtlinie über gefährliche Stoffe in elektrischen und elektronischen Geräten.

Gefahrenbasierte Ansätze haben das Ziel, die Verwendung (besonders) gefährlicher Stoffe in Erzeugnissen so weit wie möglich zu vermeiden, d.h. dass Stoffe mit gefährlichen Eigenschaften durch andere Stoffe ersetzt werden bzw. dass nur Materialien zum Einsatz kommen, die keine gefährlichen Stoffe enthalten. Dieser Ansatz auch wird auch bei der Umweltzeichenvergabe, wie dem Blauen Engel, verwendet. Wichtig ist, dass sich Risiken nicht verschieben.

Risikobasierte Ansätze erlauben eine differenziertere Betrachtung der Problem­stellung. Ein gefährlicher Stoff kann zwar in einem Produkt vorhanden sein, aber in äußerst geringer Menge (niedrige Dosis), so dass keine Freisetzung stattfindet. Dennoch kann das Risiko in verschiedenen Produktlebensphasen verschieden sein. Stoffe, die fest eingebunden sind, können unter Umständen in der Abfallphase wieder komplett freigesetzt werden.

Erste Schritte zur Problemstoffarmut:

  • Alle Erzeugnisse sollten mindestens den stoffrechtlichen Anforderungen genügen. Die Identifizierung dieser Anforderungen ist daher ein zentraler, erster Schritt.
  • Besonders besorgniserregende Stoffe (SVHC) sollten nach Möglichkeit vermieden werden. Dies kann im Designprozess frühzeitig mit dem Produkthersteller vereinbart werden.
  • In den Anforderungen an Produkte, die die Ökolabel tragen (Kriterien) sind teilweise auch stoff­bezogene Kriterien enthalten, die über die gesetzlichen Anforderungen und den Gehalt an SVHC hinausgehen. Diese Kriterien kann wertvolle Hilfestellung geben.
  • Sind gefährliche Stoffe im Produkt enthalten so können grobe Ab­schätzungen Auskunft darüber geben, ob dies zu einem Risiko führen könnte, z. B. ein einfaches Schema zum Produktlebenszyklus.
  • Die neun goldenen Regeln im Leitfaden Nachhaltige Chemie geben weitere erste Anhaltspunkte.